Warum hat sich das Bild von Audrey Hepburn, im kleinen Schwarzen, mit Aufsteckfrisur, üppigem Modeschmuck und einem Coffee to go vor der Auslage des Juweliergeschäfts Tiffany, ins kollektive Gedächtnis gebrannt? Vielleicht, weil es eine perfekte Symbol-Darstellung von Souveränität ist. Souverän setzt die Schönheit im Party-Outfit ihre eigenen Maßstäbe: Frühstück auf der Straße, aber vor dem Schaufenster eines Luxus-Juweliers.
Schon trauen wir ihr zu, dass sie auch sonst ihren eigenen Weg geht.
Der Auftritt bestimmt die Rolle, in der wir gesehen werden. Deshalb geht es bei unserem Styling um mehr als um bloße Äußerlichkeiten. Das ist bekannt und deswegen gibt es auch jede Menge Ratgeber, wie frau sich am besten präsentiert, wenn sie wahr- und ernst genommen werden will. Sie lassen nur oft außer Acht, dass eine überzeugende Selbstpräsentation zunächst einmal die Person überzeugen muss, die sich präsentiert. Anders gesagt: Das Styling darf nicht im Gegensatz stehen zur Selbstwahrnehmung.
Die großen Stilikonen überzeugen, weil sie ihre Rolle gefunden haben und weil sich ihre Präsentation damit deckt. Schauen wir uns an, wie sie sich im kollektiven Bewusstsein verankert haben und was sie mit ihrem Styling signalisieren. Finden wir heraus, wie sie ihren Auftritt öffentlichen Erfordernissen angepasst oder ihren eigenen Stil durchgesetzt haben. Warum sagte John F. Kennedy beim Staatsbesuch in Frankreich unter dem Jubel der Menschenmenge: „Ich bin nur der Mann, der Jackie nach Paris begleitet hat“?
Wie hat Coco Chanel die Frauen modisch befreit? Was haben Marlene Dietrichs Hosenanzüge dem Publikum vermittelt?
In unserem Workshop geht es nicht um die Frage, wie man Stilikonen kopiert. Sondern um die Wechselwirkung zwischen Selbstwahrnehmung, Styling und der Wirkung auf andere.
Die Wahl der Kleidung offenbart aus psychoanalytischer Perspektive ein komplexes Geflecht unbewusster Bedürfnisse, innerer Konflikte und Persönlichkeitsmerkmale. In der Entscheidung für bestimmte Farben, Schnitte oder Stilrichtungen manifestieren sich Aspekte der Selbstwahrnehmung, soziale Ängste sowie das fundamentale Bedürfnis nach Zugehörigkeit.
Paradoxerweise verbirgt sich hinter einem betont furchteinflößenden Erscheinungsbild – etwa durch nietenverzierte Lederkleidung oder markante Metallaccessoires – häufig eine tiefgreifende Verunsicherung. Ein bewusst provokanter, Aufsehen erregender Kleidungsstil verrät nicht nur den Wunsch nach Aufmerksamkeit, sondern oft auch ein Verlangen nach Auseinandersetzung mit der Umwelt.
Im Kontrast dazu steht der Typus der sprichwörtlichen "grauen Maus", deren dezente Garderobe den Wunsch nach Unauffälligkeit widerspiegelt. Ein betont konservativer Kleidungsstil kann auf ein ausgeprägtes Kontrollbedürfnis hindeuten, während eine extravagante oder farbenfreudige Garderobe den Drang nach Individualität und Wahrnehmung zum Ausdruck bringt. Die Präferenz für dunkle, weite Kleidung lässt sich als schützende Hülle interpretieren, hinter der sich oft eine besondere Verletzlichkeit verbirgt.
Nicht zuletzt erlaubt auch die Markenfixierung aufschlussreiche Einblicke in die Psyche: Ein stark ausgeprägtes Markenbewusstsein kann als Kompensationsstrategie für Minderwertigkeitsgefühle oder als Ausdruck des Strebens nach sozialer Anerkennung gedeutet werden. |